Oh Graus dachte ich noch vor der Einschulung, das kann ja lustig werden.
Ich selbst habe spätestens ab der fünften Klasse unter den Folgen einer Lese-Rechtschreibschwäche gelitten. Meine Diktate in der Grundschule waren noch ganz ok. Ich war immer verärgert, dass ich, wenn es keine „geübten“ Diktate waren, viel schlechter abschnitt, als eine meiner zwei besten Freundinnen. Ich wusste auch nicht gewusst, wie ich mich verbessern konnte und das war frustrierend. Ich habe auch damals schon gelesen. Ich war sicherlich keine Leseratte, aber ich habe Bücher auch nicht völlig verschmäht. Während es in der Grundschule noch dreien und vieren in Diktaten gab, gab es ab der fünften Klasse dann 5en und 6en in Deutsch und später dann in Englisch bei vereinzelten puren Diktat-Klassenarbeiten. Bei meinem vier Jahre jüngeren Bruder war die Schwäche so heftig ausgeprägt, dass sie zum Ende der ersten Klasse massiv auffiel und er freiwillig die erste Klasse wiederholte. Er hat dann auch gezielt, von meiner Mutter privat finanziert, Hilfe von einer auf Legasthenie spezialisierten Logopädin bekommen. Viele Jahre lang. Ich habe die ganze Unter- und Mittelstufe mit dieser Schwäche zu kämpfen gehabt, vor allem auch weil meine Lehrer sie nicht akzeptiert hatten. Nach dem Motto: „Legasthenie gibt es nicht, es gibt nur faule Kinder!“. Ganz toll. Ich habe zwar gelesen, aber nicht stundenlang am Tag. Zwar durften meine Lehrer, nachdem ich dafür ein psychologisches Attest hatte, meine Klassenarbeiten für ein oder zwei Jahre nicht so bewerten, wie die meiner Klassenkameraden, aber das stank einigen meiner Lehrer gewaltig und ich hatte übel mit dem Druck zu kämpfen, den vor allem mein Englisch- und mein Französisch – Lehrer aufbauten. Da wurde ich dann einfach ständig zu Vokabeltests und Hausaufgabenkontrollen aufgerufen und bekam schon aus Prinzip mündlich eine fünf. Selbst als ich gezielt in Französisch versuchte mich so oft wie es nur irgend geht zu melden und darüber eine Checkliste führte, gab es wieder eine fünf am Ende des Halbjahres und die ganze Klasse stand hinter mir, als ich mich versuchte dagegen zu wehren. Da gab es damals einige, wie (nicht nur) ich finde, ungerechtfertigte blaue Briefe. Aber das ist alles lange her und Schnee von gestern. Immerhin, ich musste keine Ehrenrunde drehen und bereits in der Oberstufe hatte ich, dank vielem Lesen die Anzahl meiner Fehler soweit reduzieren können, dass sie sich nicht mehr von der anderer Schüler ohne Lese-Rechtschreib-Schwäche unterschied bzw. ich sogar weniger Fehler machte. 🙂
In der zehnten Klasse wusste ich bereits, dass ich mich nach dem Abitur für ein bestimmtes Studium einschreiben möchte und für dieses gibt es einen hohen Numerus Clausus. Ich habe mich damals sogar für einen Schulwechsel interessiert und darüber informiert, weil ich von einer Schule in unserer Stadt gehört hatte, die eigendlich für Schüler von Gesamt- oder Realschulen gedacht ist, damit diese dort ein allgemeines Abitur machen können. Aber sie nahmen auch Schüler von umliegenden Gymnasien auf und das wäre meine Chance auf einen schmerzfreien Einserschnitt gewesen. Ich habe mich dann aber doch für die schwerere Variante entschieden und bleib an meiner Schule. Die Oberstufe war meine Rettung. Hier wurden die Karten neu gemischt. Ich hatte plötzlich lauter neue Lehrer, die mich noch nicht kannten und gleich abgeschrieben haben und ratz fatz war ich nicht mehr immer 4 und auf der Kippe in den Sprachen, sondern gut, sehr gut sogar. Trotzdem war es ein Kampf. Ein Kampf gegen diese Schwäche und gegen die Willkür einiger meiner damaligen Lehrer.
Entsprechend bin ich natürlich sensibilisiert.
Heute kann ich schmunzeln über die lustigen Worte, die meine Tochter 3 Monate nach ihrer Einschulung schreibt, die Frage ist nur, wie lange?
PFERT = Pferd
KASTANJ = Kastanie
NÜSE = Nüsse
WAmPIR = Vampir
GSchBÄNSTA = Gespenster
GRUSILWALT = Gruselwald
MÖPSE = Möpse (sie meint damit die Hunde…)
ZWRGE = Zwerg
Meine Tochter lernt nicht klassisch das ABC sondern sie lernt die Buchstaben nach einer Lauttabelle. Da gilt es dann zu entscheiden bzw. zu erfragen ist das nun ein „Je“ wie Jacke oder ein „Je“ wie Yoga. „Ke“ wie Koffer oder wie in Computer. Während viele Erst- und Zweitklässler Mamas davon überzeugt sind, dass das ein tolles Lernkonzept ist, weil sie Kinder schon bis zu den Herbstferien selbst schreiben können (wenn das das so bezeichnen kann^^) und spätestens in den Osterferien auch schon lesen können, sind die Mamas von Dritt- und Viertklässlern die ich bisher dazu gehört habe im Nachhinein davon eher nicht sehr überzeugt. Wohl erst zum Ende der zweiten Klasse bekommen die Kinder in unserer Schule erste Schreibregeln mit. Davor dürfen sie kreuz und quer groß und klein mixen. Das sieht dann so aus: „WALd“ oder „NaSE“. Hauptsache das Wort wird am Anfang groß geschrieben. Was dann natürlich dazu führt, dass sie auch die Artikel, Verben, Adjektive usw. groß schreiben aber bereits ab dem zweiten Buchstaben zum Teil kleine Buchstaben benutzen, weil sie diese auch lernen. O_o
Außerdem sie dürfen und sollen sie so schreiben, wie sie es hören.
Ab Mitte/Ende der zweiten Klasse lernen die Kinder die „Namenwörter“, „Wie-Wörter“ und „Tun-Wörter“ zu unterscheiden und lernen, dass die „Namenwörter“ einen Begleiter haben. Ich glaube wir haben gleich die korrekten Bezeichnungen gelernt. Schon komisch, einerseits lernen die Kinder ab der ersten Klasse Englisch, aber Begriffe wie Hauptwort, Nomen oder Substantiv will man ihnen wohl nicht zumuten.
Ende der zweiten Klasse also lernen die Kinder zumindest für einfache Sätze greifende Regeln, nach denen sie sich orientieren können. Ab Ende der zweiten Klasse, spätestens in der dritten Klasse gibt es dann erste Diktate. Wer vorher eher lesefaul war, hat jetzt wirklich ein Problem. Denn die „ich darf so schreiben, wie ich es höre“ – Regel gilt dann natürlich nicht mehr. Und das macht wohl vor allem vielen Jungs Probleme. Die Mädchen lesen wohl tendenziell mehr und kommen mit dieser späten Umstellung besser zurecht.
Ich fürchte ich bin mit 33 Jahren für diese modernen Lernmethoden bereits zu altmodisch. Das Konzept die Buchstaben nach einer Lauttabelle zu lernen, finde ich ganz gut, nicht aber, dass man uns Mamas verbietet falsch geschriebene Worte zu korrigieren. Angeblich würden wir die Kinder damit bremsen, weil sie dann ständig negative Erlebnisse haben. Klar, bei dem Blatt oben wären von 8 Worten 7 korrigiert. Das hat ein gewisses Frustpotential.
Außerdem bin ich mit den Konzept überfordert. Wie soll ich meinem Kind erklären, dass der Buchstabe e am Ende eines Wortes wie z.B in Ente. Eher wie eine Mischung aus e und ä klingt und nicht wie ein klares E wie in Elefant. Oder das wir „Schtob“ sagen aber es sich Stop schreibt. Gerade in Hessen mit dem Dialekt ist das für die Kinder nicht gerade einfach. Da wird aus einem Eimer ein „Eima“. Auch viele -ch´s werden vernuschelt zu einem sch. Die Kinder schreiben das bis zum Ende der zweiten Klasse also x-mal falsch. Ob sich das nicht falsch einprägt?
Angeblich sollen die Kinder noch nicht im Kindergarten die Buchstaben lerne, auch nicht für ihren eigenen Namen. Da die Eltern bzw. Erzieherinnen häufig nicht wissen, wie die Strichreihenfolge ist. Also z.B. das für das T erst der senkrechte Strich gemacht wird, dann der waagerechte. Ich habe gemerkt, dass ich beim großen T die Striche in der falschen Reihenfolge schreibe. Da hat man Angst, dass sie sich für das Erlernen der Schreibschrift wichtige Reihenfolgen falsch aneignen und dann mit viel Korrektur umgelernt werden müssen. Ich fürchte das, genau das steht uns für „WALT“ (Wald) und andere Wörter bevor.
Abgesehen von diesem Lernkonzept, von dem ich noch nicht überzeugt bin, finde ich unsere Grundschule allerdings super. Die Lehrerinnen wirken alle sehr nett und ich habe den Eindruck, dass sie alle gerne (Kinder) unterrichten.
Lediglich die Nachmittagsbetreuung, die durch einen Verein stattfindet und mit Lehrerinnen nichts zu tun hat, scheint schlecht zu sein. Die beiden Frauen, die das machen, haben keine pädagogische Ausbildung und machen diesen Mangel nicht gerade dadurch wett, dass sie besonders engagiert wären. So zumindest sagt man. Ich habe schon von einigen Richtungen entsprechende Lästereien gehört. Ich selbst sehe die beiden Damen eigentlich immer nur auf ihren Smartphones rumklimpern oder miteinander schwätzen, wenn die Kinder im Hof spielen und bin froh, dass ich diese Betreuung aktuell nicht brauche.